Chronik Orchester der Bergarbeiter Plessa e.V.

Die Gemeinde Plessa liegt im Südwesten des Landes Brandenburg.

Aus einem kleinen, unbedeutenden Dorf entwickelte sich dieser Ort mit der Entdeckung von Braunkohlevorkommen zu einer Industriegemeinde.

Bergbau bestimmte nun die Entwicklung des Ortes und

die Inbetriebnahme der 1. Förderbrücke der Welt 1924

krönte hier die voranschreitende Entwicklung der Industrialisierung.

Durch das aufstrebende Plessaer Braunkohlenwerk wurde ein gewisser sozialer Wohlstand der Belegschaft gesichert, der in der 1930er Jahren für den weiteren Aufbau des kulturellen Lebens sorgte. Auf Initiative einiger musizierfreudiger Bergleute wurde deshalb

am 20. Januar 1932

die Werkskapelle der Plessaer Braunkohlenwerke GmbH gegründet.

Der Kollege Reinhold Ley übernahm die Leitung und den Aufbau der Kapelle.

Die Instrumentalisten wurden im Jahre 1933 als Bergmannskapelle eingekleidet.

Der Klangkörper war in den Folgejahren bei Betriebs- und öffentlichen Veranstaltungen, bei Feuerwehrparaden und allen anderen Gelegenheiten präsent.

Im ersten Jahr des 2. Weltkrieges spielte die Kapelle noch in geschwächter Form. Durch die Mobilmachung ruhten dann aber alle Aktivitäten.

Im Dezember 1945 wurde der im Plessaer Braunkohlenwerk tätige Musiker Erich Wilhelm vom Werksleiter, Herrn Herrmann, beauftragt, das Betriebsorchester wieder aufzubauen.

So hatte die Werkskapelle mit 5 Mitgliedern im Januar 1946 beim Arbeitsjubiläum des damaligen Betriebsratsvorsitzenden Herrn Pohling, mit einem kleinen Ständchen seinen ersten Auftritt. Die Orchestertätigkeit verlief bis zum Ende der vierziger Jahre in diesem kleinen Rahmen mit bis zu 15 Musikern.

In besonderer Tradition standen die seit 1950 durchgeführten Feste der Berg- und Energiearbeiter der DDR, bei denen das Orchester stets mitwirkte.

Am 20. Januar 1952 wurde das erste größere Konzert in der Gaststätte Nuck durchgeführt. Dieses Konzert war ein so großer Erfolg, das es wiederholt werden musste.

Die Arbeiterfestspiele, von der damaligen DDR- Regierung ins Leben gerufen, wurden 1952 erstmals in Halle durchgeführt.

Im musikalischen Wettstreit mit 27 weiteren Orchestern setzte sich das Plessaer Bergmannsorchester gegen große Konkurrenz durch und wurde als zweitbestes Orchester ausgezeichnet! 

In den 1950er Jahren war das Orchester jährlich bei etwa 10 Konzerten und 12 Marschmusiken eingesetzt.

1964 wurde das Braunkohlenwerk Plessa mit all seinen kulturellen Organen und Einrichtungen an das Braunkohlenkombinat Lauchhammer angebunden. Das Blasorchester des Braunkohlenwerkes Plessa wurde fortan als „Blasorchester des BKK Lauchhammer“ geführt. Angegliedert an das wirtschaftlich bedeutende Braunkohlekombinat und die sehr guten musikalischen Leistungen steigerten die Nachfrage nach dem Orchester. Es folgten eine Vielzahl größerer und kleinerer Auftritte.

Bei den 3. und 4. Arbeiterfestspielen (Magdeburg 1961 und Erfurt 1962) wurde der Klangkörper jeweils als drittbestes Orchester mit dem Prädikat „Sehr Gut“ ausgezeichnet.

Durch die großzügige finanzielle Unterstützung des Braunkohlenkombinates konnte am 12. Dezember 1962 in Zusammenarbeit mit der Schule Plessa ein Nachwuchsorchester gegründet werden. Als musikalischer Leiter wurde Erich Wilhelm berufen.

Der Klangkörper nahm noch im selben Jahr seine Tätigkeit mit 16 Schülerinnen und Schülern auf. Von 1979 bis 1990 standen 4 Lehrkräfte zur Verfügung.

Das Orchester wirkte bei allen Marschmusiken, Chorkonzerten und Jubiläumskonzerten mit. Diese Art der Nachwuchsarbeit suchte in der damaligen Zeit seinesgleichen.

Zum 60-jährigen Bestehen des Orchesters und zum 30-jährigen Bestehen des Nachwuchsorchesters wurde im Jahr 1992 eine Veranstaltung organisiert, über die noch lange Zeit gesprochen wurde. Das begeisterte Publikum wurde durch beide Klangkörper, dem Männerchor Plessa und dem Gesangssolisten Karel Hulinsky aus der Tschechoslowakei unterhalten.

Leider war der Fortbestand des Nachwuchsorchesters ab 1993 auf Grund mangelnder finanzieller Mitteln und fehlendem Interesse musikbegabter Schüler nicht mehr möglich.

Es wurde aufgelöst.

Das Orchester konnte seit den 1970er Jahren durch Übernahme der im Nachwuchsorchester ausgebildeten Musiker auf 40 Mitglieder erweitert werden.

Der Klangkörper hatte seit dieser Zeit bis zur politischen Wende jährlich 50 bis 60 Einsätze bei Konzerten, Festen, Feierlichkeiten und Marschmusik-Festen.

1970 reiste das Orchester erstmals in die Tschechoslowakei zum Partnerbetrieb in die Bergbauregion Most. In Litvinov spielte das Orchester bei der Festveranstaltung zum tschechischen Bergmannstag.

Seit dieser Zeit gab es einen regen Austausch mit den tschechischen und slowakischen Partnerbetrieben. Im jährlichen Wechsel bis 1975 mit den Partnern im Moster Revier und bis 1986 mit den Partnern im Revier Spiska Nova Ves.

Durch kontinuierliche Probenarbeit erreichte der Klangkörper beim Leistungsvergleich der großen Blasorchester am 26. März 1983 in Calau seinen musikalischen Höhepunkt.

Das Blasorchester wurde als Sieger mit der höchsten Bewertung in der damaligen DDR,

mit dem Prädikat „Oberstufe Ausgezeichnet“ geehrt.

Diesen Anlass nutzte Erich Wilhelm, langjähriger Leiter des Orchesters, um auf dem Höhepunkt seiner musikalischen Karriere sein Amt an seinen Sohn, Karsten Wilhelm, zu übergeben. 1983 hatte Erich Wilhelm das Rentenalter erreicht.

Der neue musikalische Leiter konnte anfangs das Werk seines Vaters weiterführen, doch die politische Wende bedeutete auch für das Orchester einen bisher kaum gekannten Einschnitt. Die Braunkohlenveredlung GmbH Lauchhammer, wie der Trägerbetrieb nach der Wende hieß, trennte sich am 01.Januar 1991 von seinem Orchester und kündigte dem musikalischen Leiter. Der Dirigent musste sich ein neues berufliches Betätigungsfeld suchen. Diese Umstände führten dazu, dass er dem Orchester nicht mehr zur Verfügung stand.

Viele Orchestermitglieder mussten sich ebenfalls beruflich vollkommen neu orientieren und zum Teil die Region verlassen. Das Orchester schrumpfte von ehemals 40 auf 27 Musiker zusammen.

Nach den neuen Richtlinien der Bundesrepublik Deutschland wurde der Musikverein Plessa e.V. gegründet.

Im März 1991 nahm Erich Wilhelm im Alter von 73 Jahren als künstlerischer Leiter den Musikverein wieder in seine Verantwortung. Den Vereinsvorsitz übernahm das langjährige Orchestermitglied Albert Badack.

An die Traditionen des Bergbaus im Raum Plessa/ Lauchhammer anschließend, beschloss der Verein den Namen

Orchester der Bergarbeiter Plessa e.V.

zu tragen.

Der Verein konnte an die vergangenen Erfolge anknüpfen und Auftritten in der näheren Umgebung folgten bald größere Engagements.

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